Frankfurt Approach

Achtung Frankfurt Approach !

Es ist wieder Sommer !

 

Jetzt geht’s den Frankfurter Approach-Lotsen wieder ans Leder. Mehr koordinierte Movements als das Bahnensystem eigentlich bei CAT-I-Bedingungen aufnehmen kann. Gewitterträchtige Hügel rund um den Anflugsektor. Kaum Bewegungsfreiheit für elegante Vektoren. Häufige Änderungen bei An- und Abflugverfahren. Zuletzt das Training für die neue EAM04-Anbindung ab 19. April 2001. Da hat sich mal wieder ganz gewaltig was geändert bei Frankfurt Approach. Kein Wunder, dass es schwer ist eine Arbeitsweise langfristig zu optimieren, wenn sich alle 5-10 Jahre das „Picture" ändert. Diesmal wurden die Änderungen auch nicht auf die verkehrsarme Zeit gelegt, wie bei der P1-Einführung und ursprünglich sogar mal geplant ( Nov. 2001 ! ), sondern gleich auf den „Sommeranfang" Mitte April. Warum? Der Grund heißt EAM - EUROCONTROL Airspace Model - und da kann eine so „kleine, unwichtige" Unit wie Frankfurt Approach nicht einfach den europäischen Zeitplan verschieben, weil's zufällig Sommer wird. Da lachte der Osterhase und man kann froh sein, wenn man in London arbeitet. Die fahren ihren Stiefel seit eh und je und haben das auch noch zu höchster Eleganz perfektioniert.

 

Dabei arbeiten die in Frankfurt gar nicht so schlecht. Auch wenn einzelne Zahlen nur eingeschränkte Aussagekraft haben, hier ein Vergleich zwischen Frankfurt und London. NATS UK gibt im Internet für Heathrow den 1.9.2000 als verkehrsreichsten Tag mit 1351 Movements an. Am 29.09.2000 wurden in Frankfurt 1432 ! Bewegungen abgewickelt. Dabei wurde der Schönwetter-Koordinationswert von 78 Movements/h regelmäßig um bis zu 14 Movements übertroffen, und das war nicht der einzige Tag, an dem der Londoner Spitzenwert zurückblieb. Letzterer wurde im Jahr 2000 von Frankfurt Approach insgesamt 59 mal um bis zu 81 Bewegungen pro Tag überboten. Dabei lagen die Frankfurter im September an 16 ! Tagen besser als London am 1.9. Das liegt natürlich auch daran, dass viele Piloten in Frankfurt „Visual Separation" akzeptieren und damit zusätzlich zur Steigerung der erzielbaren Werte beitragen. Noch eins on Top: In London wurden 25% der Flüge verspätet, in Frankfurt nur 20% ( lt. AEA - Association of European Airlines ) Summa summarum lässt sich wohl sagen: Die Londoner arbeiten eleganter, aber die Frankfurter Lotsen effektiver.

 

Nun, in der Zwischenzeit zahlt es sich doch aus, dass ich den Kontakt zu den Lotsen aufrecht erhalte. Marek nimmt sich einen Tag für mich Zeit und lässt sich bei der Arbeit von mir eine ganze Schicht lang über die Schulter kucken. Aber so etwas beruht bei uns auf Gegenseitigkeit. Schließlich durfte er bei mir auch schon ‘ne Tagestour mitfliegen und hat sich dabei gar nicht so dumm angestellt. So ein gutes Additional Crew Member muss nämlich schon richtig mitarbeiten. Wozu hat denn ein Fluglotse schließlich AZF. Marek hat mit Heathrow das „große Los" gezogen und das klingt auch echt gut, wenn plötzlich ein Frankfurter Approach Controller in einem A319er mit dem „Director" von Heathrow funkt. Zugegeben, letzterer hatte an diesem Tag etwas geschwächelt und nicht ganz die übliche Performance geboten, die wir von ihm gewohnt sind. Das hatte zur Folge, dass Marek relativ unbeeindruckt wieder mit zurückgeflogen ist.

 

Marek ist sowieso eher der „sonnige Typ" und bevorzugt deshalb den Arbeitsplatz im Tower. „Na ja nicht ganz so" meint er zu mir, „als jetzt vor kurzem die organisatorische Trennung von Tower und Approach anstand, habe ich mich halt für das entschieden, was mir mehr Spaß macht. Und ich finde es einfach viel interessanter die Flieger unter Beachtung größter Sicherheit und an maximaler Kapazität ausgerichtet möglichst kurz hintereinander in die Luft und auf den Boden zu bringen." Trotzdem verliert Marek seine Zulassung für die Radararbeitsplätze noch nicht, da die Frankfurter Lotsen zwar seit 1. Januar rein organisatorisch in TWR und APP getrennt sind, aber bis auf weiteres noch in beiden Bereichen eingesetzt werden. Ob diese firmenpolitisch gewünschte Trennung der beiden, bislang gut aufeinander abgestimmten Bereiche erfolgreich ist, wird sich wahrscheinlich erst in ein paar Jahren zeigen. Dann nämlich wird es nur noch wenige Lotsen geben, die einmal beide Zulassungen gearbeitet haben. Jedenfalls hört man von einigen nordamerikanischen Plätzen Gerüchte, dass sie diese Trennung inzwischen wieder rückgängig gemacht haben.

 

Die jüngeren Lotsen haben ihre Zulassung schon in Hinblick auf die neue Strukturierung gemacht und arbeiten dementsprechend ausschließlich Arrivals und Departures oder Tower. Eigentlich ist in ferner Zukunft geplant, dass die reinen Approach-Lotsen auch ein oder zwei Center-Sektoren bedienen. Da aber das Radarsystem P1 bislang nicht die Anforderungen an die Staffelungskriterien für den Approach-Luftraum erfüllt, werden diese KollegInnen noch länger ihre Arbeit am Frankfurter Flughafen und nicht in Langen verrichten, wohin die Approacher irgendwann mal umziehen sollen.

 

Als ich dann schließlich zu Marek auf den Tower komme, fällt auf, dass ich auch gleich schon den richtigen Zeitpunkt erwischt habe. CAT-II Operation und 20-30min Startup-Delay. Da geht’s rund im Tower. „Sorry" entschuldigt sich Marek, „jetzt dacht' ich, ich setz’ mich auf die Delivery-Position, damit ich ein bisschen Zeit hab’ für Dich, aber Du siehst ja was los ist". Tatsächlich fahren die Frankfurter auch Single-Runway-Operation. Die Sichten sind einfach zu schlecht, um bei der üblichen Staffelung von 2,5nm unter Berücksichtigung der DFS-internen Vorschriften, die Flieger noch ordentlich im üblichen Rhythmus Start-Landung-Start-Landung vom bzw. auf den „Hof" zu kriegen. In Frankfurt muss der Tower-Lotse nämlich sowohl die anfliegenden als auch die startenden Flieger, die sich als nächstes treffen könnten, ständig in Sicht haben, bevor er eine Conditional Clearance ausspricht. Aber gerade dieses Verfahren ( „line up behind" ) ermöglicht in Frankfurt eine zügige Abarbeitung des Verkehrs. Ersatzweise kann der Controller auch abflugbereiten Piloten bitten, den Anfliegenden „in Sight" zu melden. Das bringt aber auf Dauer zuviel Geplapper auf die Frequenz, um noch effektiv arbeiten zu können. Darüber hinaus gehen wir Piloten berechtigterweise konservativ an Low-Visibility-Approaches heran. Das schließt auch einen etwas zügigeren Bremsvorgang mit ein. Da aber die FAG bislang keine Colour-Coded-Lights für die Taxiways A- und H-Turnoff installiert hat, verbringen gerade Medium-Flieger sehr viel Zeit auf der Bahn bevor sie endlich über J-to abrollen können.

 

Deshalb gehen bei LVO in Frankfurt alle Departures auf die 18 ! Da stöhnt der Towerlotse auf. „18" gibt er auf Marek’s fragenden Blick nur zur Antwort. Soviel Anlassfreigaben werden ab jetzt gleichzeitig aktiv sein. Mehr geht fast nicht mehr, will man den Stau in den Taxiways A und N nicht bis Neu-Isenburg ausdehnen. Der „Flight-Data" telefoniert im Minutentakt mit Brüssel und versucht die Slots von den Fliegern auf den Taxiways noch etwas hin- und herzuschieben. Hier und da wird’s dann auch richtig eng. Da wird im Frankfurter Tower jede rechtlich einwandfreie Lücke ausgenutzt um den „Service-Faktor" hochzuhalten. Ich seh’ schon, es gibt Tage, da kann manche Crew froh sein, dass sie eine CTOT hat. Diesmal beißen nämlich meist die slot-freien Flüge, die keine Restriktionen der Brüsseler CFMU einzuhalten haben, die Hunde. Sie müssen den anderen Kollegen den Vortritt lassen. Aber hier zahlt sich mal wieder die menschliche Kreativität aus, wie sie kein Computer zustande bekäme. Geschickt schießt der 18-Controller die Flieger nacheinander ab. „Abschießen" bedeutet im DFS-Jargon ‘ne Takeoff-Clearance erteilen. Gut, dass das nicht jeder Pilot weiß.

 

Nach 3,5 Std. Arbeit und 2 Std. Pause nimmt mich Marek noch mit zum Pick-Up auf die 120.8, wem das mehr sagt. Was auf dieser Position gearbeitet wird, brauche ich nicht weiter erklären. Das kennen die meisten von der täglichen Arbeit.

Sein Kollege auf Feeder, der „Herr Direktor" lotst in der Zwischenzeit beste Haltungsnoten. 2.5 - 2.6 - 2.5 - 2.5 - 5.2 - 2.5 (äh Moment das war noch mal ‘n Heavy ) also 4.1 - 2.7 usw. „Miles&More nannten die das immer in der Ausbildung in Langen, wenn wir mit zu üppigem Abstand gestaffelt haben" verrät er. Auf die nicht ganz ernst gemeinte Frage „Wie viel Meilen er denn zusammenbekommen hätte" grinst er nur: „Für ‘ne kleine Weltreise hätte es damals wohl gereicht".

 

Dann lassen mich die Kollegen von der DFS sogar auch mal ans Mikro. Wozu hat denn so ein Pilot schließlich AZF? Mal sehen: „LH2441 turn right heading 250, downwind 07" Na also, geht doch. Schließlich erwischt mich aber doch noch der „ungläubige Thomas". Nach ca. 25min ist der Downwind so voll, dass ich nicht mehr weiß ob ich zuerst die ILS-Clearance aussprechen soll, oder den Base Turn anweisen muss. Zwei andere Flieger brauchen noch den Descent. Uhuh, genau zu diesem Zeitpunkt „pointet" mir Marek zwei Flieger aus, die zwischen GED und PSA in FL90 aufeinander zuhalten: „Mit denen musst Du auch noch was machen". Mich trifft fast der Schlag. Was hab’ ich immer darauf geschimpft, dass wir bei 07 so früh unten sein müssen. Jetzt erwischt’s mich selber. Kurz vor VADIM warten zwei Flieger auf Base-Turn und ILS-Clearance. Im Downwind will ein anderer runter, usw. Wenn ich jetzt nur einen Descent auf FL80 gebe, dann muss ich die beiden „Konflikte" nachher noch mal ansprechen. Keine Zeit dafür! Mist ! Also: „AEF2340, Descent Alt 5000ft, Q1024". Der andere bleibt erst mal oben. Mir wird ganz übel, aber es muss sein. Glücklicherweise lief das alles nur im Ausbildungssimulator bei Approach im Keller ab und nach 45min schalten wir einfach den Computer aus.

 

Noch ‘ne Ecke schwieriger wurde es für die richtigen Lotsen ab Mitte April. Am 19.4. traten nämlich neue An- und Abflugstrecken in Kraft, die dann angelehnt an die Münchner „Bayernkurve" die Arbeit eigentlich etwas vereinfachen sollen. Jedenfalls gibt es seit diesem Tag insgesamt sechs Approach-Frequenzen in Frankfurt. Neben der FIS noch Arrival-North und -South, der Director, sowie Departure-North und -South. Diese zusätzliche Frequenzen sind auch notwendig, denn wie das neue System aussieht, das zeigen die AIP-Karten, die mit dem Amendment Ende Februar im VC-Büro eingetroffen sind. Hier stellvertretend eine Karte für RNAV-Arrivals in Landerichtung 25.

 

Neu ist, dass der Approach-Luftraum nun bis FL115 geht. Das findet unseren Beifall, weil es für uns Piloten den Vorteil bringt, dass der Einflug in den APP-Airspace über ETARU in FL100 erfolgt, und alle anderen Fixe in FL110 überflogen werden können. Dies ist eine deutliche Verbesserung gegenüber des bislang üblichen Flightlevels 90, zumindest theoretisch. Wir werden sehen was die Praxis bringt und wir haben gesehen: Tatsächlich können wir rund 2000ft höher in die TMA einfliegen und besonders auf die RWY 07 hat sich damit das Descent-Profile erheblich verbessert. Allerdings schon so sehr verbessert, dass ein Short-Approach kaum mehr anzubieten ist. Frei nach Küppersbusch: „Wie sie haben kein 6nm-Final ? Schade, Schade, Schade !" Da werden wir Piloten wohl in Zukunft konsequenter unsere Speed-Brake nutzen müssen. Hilft allerdings im Nord-Downwind auch nichts, weil dort die Wiesbadener Krankenhäuser durchgesetzt haben, dass das Final nicht unter 4000ft MSL intercepted werden darf. Bei wenig Verkehr bleibt uns da nur noch der Süd-Downwind.

 

An dieser Stelle muss erwähnt werden, dass unsere VC-Arbeitsgruppe ATS dem neuen Konzept der DFS nicht uneingeschränkt zustimmen kann. Mit der konsequenten Nutzung der GPS/RNAV-Arrival wird der längst-mögliche Flugweg zur Basis für Flugplanung und FMS-Flugwegdefinition gemacht. Einerseits wird von modernem Air Traffic Managment gesprochen, andererseits werden Verfahren als Standard definiert, die uns Piloten die Planung von Flugweg und den Lotsen die Überwachung des Verkehrsflusses erschweren. Hoffentlich werden die FMS-Delay-„Haken" von den Kollegen am Boden auch nur dann angewiesen, wenn es die Verkehrslage erfordert. Damit würden sie nämlich auch der zentralen VC-Forderung nachkommen, einen optimalen Flugweg zur Grundlage einer jeden Flugplanung zu machen.

 

Die DFS hingegen ist überzeugt, dass es bei Anwendung der neuen Verfahren in Frankfurt kein Holding mehr geben wird. Ja, richtig gehört ! Frankfurt ohne Holding. Dafür dürfen jetzt die Approach-Lotsen den FMS-Delay-Turn arbeiten. Das wiederum hat zur Folge, dass sich oft acht bis neun Flieger gleichzeitig auf der Frequenz eines Lotsen befinden. Wenn „Director"-freundlich mit 5nm gestaffelt wird ( möglich wären 3! ), dann gibt das einen Flieger-Stau von 45nm, den ein Lotse zu überblicken hat. Dafür wird er bezahlt werden die Piloten sagen. Stimmt, aber Zeit für fliegerfreundliche Clearances wird wohl kaum mehr bleiben, und wenn ein, zwei „Pappnasen" nicht genau hinhören oder falsch zurücklesen, dann wird’s im schlimmsten Falle schon gefährlich. ( Anm. des Autors: den Ausdruck „Pappnasen" hat mir übrigens ein Kollege übelgenommen. Ob er sich dadurch wohl angesprochen fühlte ?) Also liebe Kollegen, ab Mitte April bitte erhöhte Aufmerksamkeit in Frankfurt ! Die Erfahrung der letzten Wochen zeigte, dass die Belastung für die Pickups etwas nachgelassen hat, der Feeder dafür aber tendenziell mehr zu tun hat, nachdem er jetzt den Verkehr aus zwei Downwinds heraus einfädeln muss. Aber auch andere Airports, hier muss ich leider wieder Heathrow erwähnen, arbeiten mit einem vergleichbaren System. Deshalb wird es wahrscheinlich nur eine Frage der Zeit sein, bis sich hier die Frankfurter Approacher endgültig an die neue Situation gewöhnt haben.

 

Wer sich ob der vielen Waypoints erschrocken hat, den kann man beruhigen. Die DFS betont, dass in der STAR-Description ausschließlich Waypoints im FMS erscheinen, die Eckpunkte darstellen oder wichtig für eventuelle Höhenbeschränkungen sind. Alle weiteren Waypoints werden als taktische Punkte betrachtet, die auch nur in der Database abgespeichert sind, damit man sie im Falle einer entsprechenden Freigabe jederzeit eintippen kann. Sollte dies bei ihrem FMS nicht so sein, dann ist das Grund für einen dringlichen Flightreport, denn dann hat unter Umständen der Database-Provider einen Fehler gemacht. Das ist dann in etwa genauso schlimm, wie wenn auf dem Radarschirm nicht die aktuelle EAM04-Karte eingeblendet werden kann.

Also Beispiel: Die ETARU 25 Transition sollte im FMS folgendermaßen erscheinen: ETARU-DF095-DF016-DF026-DF021-REDGO/LEDKI

 

Nördlich der Centerline wurde es sowieso spannend. Dort kam eine dritte Arrival-Route über besagten Waypoint ETARU hinzu. Dafür bekommt der Radarlotse auf diesem Sektor einen Coordinator zur Seite gestellt. Was aber dem Radaristen im Süden nicht viel hilft, weil dieser seine Flüge selbst lotsen und koordinieren muss. Sie verstehen das jetzt nicht ? Haben Sie schon mal ‘nen Jumbo im Single-Pilot-Konzept geflogen ? Nein ? Sehen Sie, aber die DFS macht das bei Frankfurt Approach im Süden. Bleibt zu hoffen, dass die Lotsen deshalb keine „Safety-Wochen" fahren müssen, um uns Piloten vor Schlimmerem zu bewahren. Allerdings haben die Lotsen hier selbst schon lange angemahnt, dass es so wie geplant nicht zu arbeiten wäre und sind mittlerweile dazu übergegangen, dass der Arrival-Coordinator für den gesamten Approach-Airspace die Koordination übernimmt.

 

Auch die Departures haben sich leicht geändert. Grundsätzlich wird es bei den Abflugrouten eine konventionelle Komponente bis zur MRVA, Minimum Radar Vectoring Altitude geben. Danach muss das Flugzeug BRNAV/RNP5-tauglich sein um den Turn zum EAM04-Waypoint beginnen zu dürfen. Die SIDs sind dabei so festgelegt, dass mit Erreichen der RNAV-Komponente alle weiteren MRVAs eines Sektors bis zum Airway nicht mehr unterschritten werden.

Das BRNAV-Requirement ist für Frankfurt im ICAO DOC 7030 - SUPPS EUR veröffentlicht:

14. Procedures for Area Navigation (RNAV) Operations

14.1 Application of RNAV procedures

[..]

14.1.2 Aircraft operating under IFR on the ATS routes [..] shall be equipped with, as a minimum, RNAV equipment meeting the following requirements:

a) provide a system use accuracy equal to, or better than 2.5NM for one standard deviation

with a 95% containment value of +/- 5NM, [..]

b) demonstrate an average continuity of service of 99.99% of flight time

14.2 Area of Applicability

14.2.1 The above provisions shall apply to operations conducted under IFR on the entire ATS route network, including designated routes (SIDs & STARs) in/out of TMAs as notified by the appropriate authorities, [..]

 

Es wird allerdings nach wie vor noch rein konventionelle SIDs und STARs geben. Diese sind für diejenigen Operator gedacht, welche den RNAV-Requirements nicht nachkommen können oder müssen. Außerdem sind obige Anforderungen bislang nur an bestimmte europäische FIRs/UIRs gebunden. Darunter eben auch Frankfurt.

 

Nach wie vor kritische Ecke ist die Abflugroute über TABUM. Problem hier, wenn der Towerlotse einen Heavy und einen Medium marginal ungünstig hintereinander in die Luft schickt, dann treffen sich beide ziemlich exakt. Das liegt daran, dass der Heavy lateral wie gewohnt den längeren Weg Richtung Mainz nehmen muss bevor er Richtung Taunus zum Feldberg dreht. Der sportliche Medium spurtet ihm dann auf der kurzen Departure hinterher. Vertikal bekommen beide für die Abflug-Route dieselbe Initial-Altitude von 5000ft. Damit haben wir das Problem Nummer zwei. Aus Lärmgründen dürfen Jets in Frankfurt erst oberhalb 5000ft von der Departure-Route weggedreht werden. Dadurch fliegen vielleicht irgendwann mal 450 Paxe converging in 5000ft aufeinander zu. Früher wurde da üblicherweise ein zügiger Climb und „passing 5000ft" ein Vektor gegeben. Das mit dem Climb geht jetzt aber auch nicht mehr so leicht, weil genau „opposite" die neue Arrival-Route ex ETARU im Weg ist. Es ist zwar sehr zu begrüßen, dass die Arrivals aus Nordwesten jetzt nicht mehr den langen Weg über GED nehmen müssen, aber warum nur legt man sie dann so nahe an eine Departure-Route ? Kann man mit RNAV etwa doch nicht alles machen ? Von der DFS wird die Center-Sektorisierung im Norden - also ein hausgemachtes Problem - erstmal als Grund vorgeschoben.

 

Aus diesen und noch ‘ner Handvoll mehr Gründen sind die Frankfurter Lotsen auf die Kooperation von uns Piloten angewiesen. Also Leute, nicht gleich meckern, weil’s ab Ende April etwas schwierig wurde in Frankfurt. Wir sollten uns auch daran gewöhnen, dass die Approach-Lotsen in einem so dicht beflogenen Luftraum wie Frankfurt ganz, ganz schnell zum dritten bzw. vierten ( Ich will ja die FE’s nicht vergessen ) „imaginären" Crewmember in unserem Cockpit werden. Wenn wir sie nicht unmittelbar über unsere Absichten informieren, dann sprengt das den Sicherheits-Loop genauso wie wenn ihr Co oder Kapitän ohne Vorankündigung von den Procedures abweicht. Gleiches gilt natürlich auch für die Lotsen selbst. Eine Crew einfach auf dem Downwind entlangschippern zu lassen, ohne ihnen jemals eine grobe Idee über die verbleibenden Trackmiles zu geben, dient auch nicht gerade der Klimaverbesserung. Schließlich sieht der Pick-Up wie lange das Final ist und kennt auch seinen „Director" gut genug, um zu wissen wie der die Flieger „reindreht". Auch wenn’s die BA-FVK (Betriebsanweisung Flugverkehrskontrolle) nicht eindeutig fordert, etwas Service darf schon sein. Den bieten aus Pilotensicht diesbezüglich ( „Trackmiles to go" ) bislang leider nur die Düsseldorfer Approacher einigermaßen konsequent. Generell ist es einfach wichtig zu wissen, ob man „sich noch einen Kaffee bestellen kann" oder der Griff zur Speedbrake notwendig wird. Das nimmt die Ungewissheit aus dem Cockpit und verleitet nicht dazu, mittels TCAS selbst abzuschätzen, ob man die Nummer 2 oder 5 ist.

 

Auf der anderen Seite sollten wir Piloten bei Gewitterlagen etwas gesprächiger werden. Während 50 Prozent unserer Kollegen in einen Schauerbereich noch einfliegen, will die andere Hälfte außen ‘rum. Ein erklecklicher Anteil von uns beginnt aber einen Avoidance-Turn, ohne etwas zu sagen. Das kann nur als fahrlässig bezeichnet werden, weil es unter Umständen einen anderen Kollegen gefährdet. TCAS ist gut zum Zuschauen, aber nicht zum Selber-Staffeln und zeigt oft auch nicht alle Flieger in der unmittelbaren Umgebung an. Dementsprechend muss mindestens ein Call: „XY, turning left/right heading xyz to avoid" erfolgen, auch wenn’s nur 10 Grad sind. Dann ist der Lotse im Bilde, und wenn er damit Probleme kriegt, sagt er uns das auch.

Nach den Erfahrungen aus dem Sommer 2000 erwarte ich dieses Jahr(2001) aber keine allzu großen Schwierigkeiten. Denn während sich unsere Chefs auf Vorstandsebene noch bekämpfen und sich stellenweise durch falsche Äußerungen in den Medien disqualifizieren, läuft der Betrieb auf Arbeitsebene mit uns „Malochern" schon längst wieder auf dem gewohnt professionell hohen Niveau. Eines muss den Bossen von DFS, FAG und Airlines klar sein, momentan sind es wir Piloten und Lotsen, die Verkehrszahlen in Frankfurt ermöglichen, welche bei anderen Flughäfen nur über ein vollwertiges Parallelbahnsystem erreicht werden.

Aber Achtung ! Der Sommer ist da !

Also auf geht’s Leute ! Let’s do it together !.

 

Anmerkung des Autors: Nachdem ich im Frühjahr 2000 einen Artikel über die Londoner Fluglotsen veröffentlichen durfte, war es mir auch ein Anliegen über die Lotsen des nächstgrößeren europäischen Airports etwas zu schreiben. Vor allen Dingen kenne ich deren Gepflogenheiten aus der täglichen Arbeit und persönlichen Beziehungen heraus noch ‘ne Ecke besser, als die der Engländer. Der Text ist erstmals in der VC-Info im April 2000 erschienen und nun um die aktuellen Erfahrungen aus EAM04 erweitert worden. Es freut mich, wenn der eine oder andere Leser den Artikel schon aus der VC-Info kennen sollte. Den anderen wünsche ich viel Spaß beim Lesen. Ich habe versucht den Artikel als Pilot und ATC-Amateur für Lotsen und Piloten zu schreiben. Deswegen bitte ich auch evtl. fachliche Lapsi zu entschuldigen.

 

Kritik und Anregungen gerne an den Autor

 

(c) April 2001, Andreas Milde