Ich hab's noch mal geschafft. Um viertel vor eins in der Früh bin
ich noch wach als wir in Bronnoysund einlaufen. Also der Hafen ist
nun wirklich eng. Leider fehlt das Licht um ausreichend Fotos zu
machen. Dieses Nadelöhr muss ich mir unbedingt für den südgehenden
Teil der Reise merken. Aber jetzt muss ich ins Bett. Schließlich
überqueren wir in etwa sechs Stunden den Polarkreis.
Es kommt wie es kommen
musste. In der Früh um halb sieben weckt mich das
Handy
und gewohnheitsmässig schalte ich den Wecker ab. Durch irgendwas
werde ich um sieben wach. Auch Sch.... Der Polarkreis !!! Schnell
den Fernseher angemacht, denn ne Air-... Verzeihung Seashow haben
die hier auch. Puuh, 66°30'N der Polarkreis ist bei 66°33'N also
noch drei geographische Minuten Zeit. Moment, schnell nachrechnen.
1° sind 60 Seemeilen, dann sind 3' drei Seemeilen. Wir fahren 15kn.
Macht ne 1/5 Stunde bis zum Polarkreis. UUUaaahhh, 12 Minuten
Fahrzeit und ich bin noch im Schlafanzug. Dabei hab' ich den Tommies
gesagt, dass sie darauf wetten können, dass ich da sein werde.
Glaubt mir, ich hab Übung im Bad, aber ich war nie schneller fertig
! Gerade rechtzeitig für ein Foto des Polarkreisglobus bin ich an
Deck und gleich anschließend beim Frühstück, wo ich auch die
Engländer wieder treffe.
Anschließend
geht's auf's Panoramadeck und oh Wunder, ich muss feststellen, dass
Rentners nicht nur um 24 Uhr in's Bett müssen, sondern auch erst
nach
acht
aufstehen. Denn abgesehen von ein paar hübschen, jungen,
norwegischen Rucksacktouristinnen befinden sich nur wenige von der
weißhaarigen 'Stammkundschaft' auf
der
Aussichtsplattform. Eines ist aber schon einmalig hier. Da stehen
die Norweger vor ihren Häusern und winken uns zu, wenn wir
vorbeifahren und in jedem Hafen finden sich mindestens 10
Schaulustige und schauen 'ihrem' Postschiff bei der Arbeit zu.
Irgendwie haben die Hurtigruten eine Anziehungskraft auf die
Menschen, wie ich sie nur noch von der Fliegerei her kenne, wo z.B.
in Bremen immer ne Handvoll Interessierter auf der Besucherterrasse
zu finden sind.
Oh, und ich seh gerade,
es regnet mal wieder seit längerer Zeit. Ok, Bergen ist erst drei
Tage her und bedeckt war es relativ lange, aber der Regen blieb
meist aus. Nun, hoffentlich macht es zum Abend hin auf, denn
mittlerweile sind wir in Breiten, in denen auch nachts die Sonne
scheint.
Hey, wir laufen in Ornes
ein und da wartet ne halbe Schulklasse auf uns. Mann, das wird den
Altersschnitt erheblich senken. Hier oben im Norden ist das
Postschiff schon bedeutend mehr Lebensader als noch südlich von
Trondheim. Och Schade, ich dachte die Wassermelonen, die die hier
ausladen sind für uns zum Essen bestimmt. Dabei gingen die von
Trondheim hierher für die hiesige Bevölkerung.
23:58 Uhr. So, nun hat
der Tag wieder mal mehr Ereignisse gebracht als man normalerweise
binnen
24h verarbeiten kann. Brückenbesichtigung war auch noch und ich habe
mich redlich bemüht in die letzte Gruppe zu kommen, denn in Gruppen
wurden wir durchgeschleust.
Tja,
leider verloren. Ich gehörte zu den vorletzten, aber ein paar
Details konnte ich 'dem Alten' doch noch abringen. Die Crew arbeitet
im Zweischicht-System und es ist immer der Kapitän
oder
'der Erste' Offizier zusammen mit einem Steuermann auf der Wache.
Der Erste scheint mir so Mitte dreißig und der Kapitän Ende vierzig,
Mitte Fünfzig. Aus der Bordzeitschrift erfahre ich dann, dass er
bereits 58 ist. Also altersmäßig ganz ähnlich verteilt wie bei mir
auf dem Flieger. Zumindest auf den großen wie Jumbo oder A340.
Kurz vor dem Abendessen
kommt uns dann die MS Trollfjord entgegen, die wir ja schon vom
Geirangerfjord
her kennen. Jetzt kommen mir echt meine lichtstarken Objektive
zupass. Gut dass ich damals etwas mehr Geld ausgegeben habe. So
kommen bei knappem Licht hoffentlich noch schöne
Fotos
zustande. Schlimm ist nur, dass man hier kaum zum Schlafen kommt,
will man nicht wesentliche Events verpassen. Witzig sind sie aber
die Norweger. Immer wenn wir eines unserer Schwesterschiffe
passieren tritt die Laken-Crew auf den Plan und schwenkt die
Bettwäsche was das Zeug hält.
Krönender
Abschluss des Tages ist die Fahrt in den Trollfjord. Gerade breit
genug an der Einfahrt um reinzukommen und dann öffnet sich der
Flaschenhals in einer Sackgasse gerade so weit, dass man unser
138m-Schiff
so eben ohne anzustoßen umdrehen kann. Wirklich eine beachtliche
Leistung unserer Crew auf der Brücke. Ach ja Brücke, ich wollte ja
noch erzählen, dass das Schiff über zwei GPS, zwei
Kreiselsysteme
und zwei Autopiloten verfügt. Primär wird die Navigation mit dem GPS
durchgeführt und das Anlegen im Hafen und die kritischen Manöver wie
im Flieger von Hand gesteuert. Irgendwie habe ich auch den Eindruck,
dass man das Schiff kreiselstabilisiert auf der Stelle drehen kann.
Zumindest hab ich vorgestern im Geirangerfjord keinen Anker fallen
hören und der Kapitän hat mir auch erzählt, dass das Schiff über
eine automatische Schubregelung verfügt. Ich würde ja zu gerne mal
einen Tag auf der Brücke zubringen. Mal sehen, vielleicht lassen die
mich im Winter ja mal mitfahren.
Tja Leute, jetzt ist
halb eins nachts. Man kann noch supergut sehen und im Moment neigt
sich das Schiff gerade wieder gefährlich in eine der vielen Kurven
zwischen den Schären hindurch. Ich geh jetzt ins Bett, weil morgen
nämlich Stadtführung in Tromsö ansteht. Also, Gute Nacht